Montag, 17. Juni 2013

Sollte man neue Geschäftsideen gleich patentieren lassen?

Ich beobachte, dass die häufigste Angst bei Jungunternehmern ist, dass jemand die eigene Geschäftsidee kopiert und einem damit den Markt "klaut".

Diese Angst ist aus meiner Sicht unbegründet. Nicht nur weil im Normalfall die Märkte so gross sind, dass ein einzelnes Unternehmen diese nicht vollständig abdecken kann. Die Angst gründet meistens auf einem oder mehreren der folgenden Denkfehler.

Denkfehler 1:
Geschäftsmodelle zu patentieren ist in erster Linie eine Idee, die nicht funktioniert.
Wenn man Geschäftsideen patentieren lassen könnte, gäbe es nur einen Friseuren auf der Welt, und nur ein Kino. Zudem gäbe es nur eine Restaurantkette.
Patentieren lassen sich fast ausschliesslich Technologien. Rohe Details dazu findet man beim Patentamt.

Denkfehler 2:
Ideen werden erst kopiert, wenn sie sich erfolgreich am Markt bewiesen haben. Konkret braucht es Relevante Umsätze oder einen anderen proof of concept.
Beispiel: Zappos wurde in den USA gegründet und konnte innert zehn Jahren eine Milliarde Umsatz erreichen. Darauf hat Zalando 1:1 das Geschäftsmodell von Zappos kopiert - in Europa und mit fähigen Umsetzern. Zalando erreichte eine Milliarde Umsatz innert fünf Jahren (die Zahlen nur ungefähr).
Wie bei Redbull und Pepsi ist dabei ein Mitbewerber nicht immer schlecht, sondern trägt zum Wachstum der Marktgrösse bei. Jeder konnte und kann noch heute neue Getränke verkaufen, wegen Coca Cola und Pepsi stieg jedoch der Absatz von limonadeartigen Getränken gigantisch.

Denkfehler 3:
Eine Idee nützt noch gar nichts - sie ist auch nichts wert.
Im Gegenteil: Die meisten Unternehmer haben täglich Ideen, aber keine Zeit, diese umzusetzen. Ein Unternehmer arbeitet bereits 150% an seinem eigenen Konzept. Woher soll er also die Zeit nehmen, eine zusätzliche Idee umzusetzen?
Wenn man hingegen (unter der Annahme, die Idee sei doch etwas wert) einen Käufer finden will, dann ist nicht die Idee das Geschäftsmodell, sondern das Verkaufen von Ideen an sich.
Eine Idee zu monetarisieren ist ein langjähriger Prozess und benötigt kompetente Umsetzer. Es braucht vollen Fokus auf das Geschäftsmodell für meistens mehr als drei Jahre. Youtube war übrigens nicht die erste Videoplattform im Internet. Pizzahut hat nicht die Pizza erfunden und Starbucks nicht den Kaffee.
Schon vor Starbucks hatten tausende Menschen die Idee, eine Kaffeekette aufzubauen.

Denkfehler 4:
Ein Patent ist sehr kostenintensiv und ausserdem sehr aufwändig. Wenn man nicht das Geld hat, ein Patent gerichtlich durchzusetzen, dann nützt es auch nicht, dieses einzutragen. Eher erreicht man das Gegenteil: Durch die Anmeldung eines Patentes muss man sämtliche Details dieses Produktes oder Systems offenlegen. Das heisst, es ist per sofort öffentlich. Wenn man nicht die finanziellen Mittel hat, dieses Patent mit Anwälten vor Gericht zu verteidigen, dann wird sich niemand fürchten, das Know How zu verwenden und leicht abgeändert zu vermarkten.


Zwei weitere Beispiele aus dem Markt:

a)
Nestlé hat mit Nespresso mehrere Dutzend Patente für sein Kapselsystem angemeldet. Der Milliardenkonzern unterlag jedoch - trotz einer Armee der besten Anwälte - dem vergleichsweise kleinen Unternehmen Denner. Denner darf Kapseln verkaufen, die in die Kapselmaschine von Nespresso passen.
Wenn selbst Nespresso seine Patente nicht verteidigen kann - wie will das denn ein junges Unternehmen bewerkstelligen?

b)
ZocDoc plant zur Zeit seinen Börsengang in Milliardenhöhe. Das Unternehmen hat ein super Geschäftsmodell und hat einige Prozesse patentiert. Nun kann jedes Unternehmen (diese gibt es weltweit, nicht nur in China) diese tollsten Prozesse von ZocDoc einsehen. Schlussendlich ist die Vielfalt im Geschäftsalltag so gross, dass mit einer leichten Adaption dieser patentierten Prozesse das Patent nicht mehr greift. Nun hat aber ZocDoc tiefe Einblicke ermöglicht. Rocket Internet wird dankbar sein.


Meine Regel zum Erfolg im Markt:

Patente sind meistens nur sinnvoll, wenn man echte Technologien entwickelt hat. Ansonsten gilt:
Nicht die Grossen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen.
Danke an dieser Stelle an Roderich Hess für diesen griffigen Spruch, der es in sich hat.

2 Kommentare:

  1. Sehr Informativ und Hilfreich.
    Was halten sie von meiner Geschäftsidee www.colok.de?

    AntwortenLöschen
  2. Eine Umfassende Antwort gleich hier:
    http://geschaeftsidee-businessidee.blogspot.ch/

    AntwortenLöschen